Zum Friedensgebet am 4. Oktober 2018 in der Frauenkirche Dresden

Tierrechte spielen im Neuen Testament fast keine Rolle. Warum das so ist, dazu gibt es verschiedene Meinungen.

Mahatma Gandhi, der geistige Führer der Inder, wurde einmal gefragt, warum er nicht vom Hinduismus zum Christentum übertreten wolle. Ein Grund war für ihn der respektlose Umgang mit Tieren im Christentum. Das sollte uns zu denken geben.

Aber: Christen haben diesen Mangel auch immer gespürt. 

Sie haben den Ochsen und den Esel an die Krippe geholt.

Sie haben sich Legenden erzählt, wie die vom Rotkehlchen, das am Karfreitag Mitleid mit Jesus hatte und einen Stachel der Dornenkrone aus seiner Stirn zog. Von dem Blut wurde seine Brust rot gefärbt.

Heilige Menschen, wie der heilige Martin, Antonius oder Franziskus, haben mit Tieren gewaltfrei und friedlich zusammengelebt. Ja – das gehörte zu einem Heiligen schon fast dazu.

Und heute?

Die meisten Christen sehen Tierschutz als Luxus an, der mit dem Glauben nicht direkt zu tun hat.

Wir haben aber einen Auftrag von Jesus Christus: „Geht hin und predigt das Evangelium aller Kreatur!“  Das Evangelium der Liebe ... allen Geschöpfen!

Nun ist schon gegenüber Menschen die beste Predigt die Tat. Wieviel mehr erst gegenüber den Tieren, die unsere Sprache nicht verstehen. An unserem Verhalten muss die Liebe Gottes sichtbar werden – auch gegenüber Tieren.

Wie kann es mir als Christ egal sein, dass Tiere verachtet und missbraucht, gequält und getötet werden - wenn ich weiß, dass Gott ihnen seinen Lebensatem eingehaucht hat und dass Er jedes einzelne liebt? Wie kann ich dazu schweigen?

 

Diesen Auftrag wollen wir ernst nehmen und in unsere Kirchen tragen – endlich - und wir freuen uns über jeden, der mithelfen will.


Eine Kuh in Bethlehem (Weihnachtsgeschichte)

Ich habe etwas erlebt in meinem Leben. Die Erinnerung daran wird mich – wenngleich ich sonst vieles vergesse – nie verlassen. Irgendein Tag war es, wo viel Aufregung in Haus und Hof zu spüren war. Ich spüre so etwas immer deutlich, selbst wenn es in meinem Stall ruhig bleibt. Es ergreift dann auch mich, obwohl ich den Grund nicht einmal verstehe. Ich war ohnehin verwirrt und bedrückt in diesen Tagen, denn sie hatten mein kleines Kind weggebracht – ich weiß nicht wohin, und ich verstand das alles nicht. Ich hatte seit Tagen schon nichts mehr von ihm gehört. Sicher – die Frau war beim Melken freundlich wie immer, aber sie merkte nicht, wie mir zumute war. Ich war allein.
Am späten Abend – ich lag schon am Boden, während ich im Halbschlaf noch mein Kind neben wir zu spüren schien und dann jedes mal aufschreckte, um zu erkennen: es blieb verschwunden – an diesem Abend also kamen plötzlich zwei Menschen in den Stall. Sie kamen, als wollten sie sich hier verkriechen. Ruhe suchen vor all den fremden Leuten im Haus, die heute so viel Aufregung verbreitet hatten.
Ich hatte keine Angst vor ihnen. Ich spürte, sie hatten keine böse Absicht und – sie kamen nicht meinetwegen hier herein. Sie suchten sich einen Platz in der durch den steinernen Futtertrog abgeteilten Ecke mit dem sauberen Stroh, wo sie sich niederließen. Mich hatten sie kaum beachtet. Wozu auch. Diese unbekannten Leute im Stall konnten mir meine Einsamkeit nicht nehmen. Sie hatten genug mit sich selbst zu tun. Unruhig waren sie, und das verwirrte mich noch mehr. Und so drückte ich mich beiseite, damit ihre Sorgen  sich nicht auch noch auf mich legen sollten.
So verging eine Weile und ich war schon fast wieder eingeschlafen, als die beiden – ein Mann und eine Frau übrigens – wieder aufgeregt redeten. Der Mann ging, um die Frau zu holen, die mich immer molk, und die jetzt eine Schüssel mit Wasser und weiche Tücher mitbrachte. Ja, und dann merkte ich, was bevorstand. Es war ja nicht lange her, dass ich mein Kind geboren hatte. Das war also bei den Menschen nicht viel anders! Auch bei mir hatte die Frau mit Wasser dabeigestanden... und die Gebärende... ja, das kannte ich...   Ich schaute und schaute, und dann war das Menschenkind da – schrie auch gleich los, anders als meins zwar, aber ich hatte auf einmal das Gefühl, ich müsste es sauberlecken. Der Futtertrog trennte uns. Natürlich – es war ja nicht mein Kind! Was war ich dumm! Mein ganzer Verlust und meine Einsamkeit überwältigten mich stärker als zuvor, so dass ich schrie und nicht wusste zu wem.
Plötzlich – oder hatte ich es jetzt erst bemerkt?  Ging etwas vor im Raum. Ich spürte es zuerst im Körper – ein Brausen und Summen und Vibrieren...  Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Und dann sah ich sie, überall! Ich wusste damals noch nicht wie ich sie benennen sollte, diese Wesen, deren Anwesenheit man manchmal spüren konnte – wenngleich ich sie noch nie gesehen hatte. Und in dieser Menge! Der ganze Raum füllte sich übervoll mit etwas wie Wärme und Kraft und wundersamem Licht, und das Menschenkind war davon ganz eingehüllt.
Verwirrt sah ich, dass die Menschen im Stall das nicht bemerkten. Spürten sie nichts? Waren sie blind und taub und fühllos? Ich aber wusste nun, zu wem ich schreien konnte – bis einer der Engel zu mir kam. Ich musste nichts sagen, er wusste alles, als wir uns ansahen. Lange blieb er bei mir und berührte mich sanft, bis ich endlich still wurde.
Ich war geborgen hier. Ich würde hinfort nie mehr ganz allein sein. Später fiel mir mein Kind wieder ein und ich hatte Sorge um das Menschenkind. Die Welt war so schwer verstehbar und Angst und Gefahren groß.
Als ich auf die Engel sah, begann ich zu begreifen, welche unendlichen Welten sich unsichtbar um uns breiten und dass in ihnen keiner je verloren gehen kann.

Sie legten das Kind dann in den Trog und da konnte ich unbemerkt herankommen, um es sanft und zärtlich mit den Lippen zu berühren, bevor man mich wegjagte.

Auch Hirten kamen noch in dieser Nacht, die nach Schaf und Gras und Erde rochen und voll überwältigender Begeisterung von den Engeln erzählten – wenngleich sie sich zurückhielten, als sie merkten, dass von den Leuten hier keiner ihr Erleben teilte. Ich aber verstand, wovon sie sprachen. Zum ersten Mal verstand ich, was Menschen sprachen! Auch sie mussten unsere Verbundenheit wohl bemerkt haben – froh, hier doch noch Verständnis zu finden – denn wir fanden uns zusammen beim Trog in der Mitte des Stalles und sahen uns glücklich in die Augen.